Eigenbedarfskündigung: Was müssen Vermieter wissen?

Sie kennen das vermutlich: Im Immobilienrecht gibt es ständig neue Gesetze, Urteile und Vorgaben. Damit Schritt zu halten, kann für den Laien sehr aufwendig werden. Aber immer wieder passieren leider auch Fehler bei ganz grundlegenden Themen. Eines davon – der Eigenbedarfskündigung – bringt Ihnen heute Fachanwalt Michael Thomas von der Kanzlei Kroheck Kroheck Thomas näher.

Vermieten Sie eine oder mehrere Wohnimmobilien? Dann wissen Sie: Als Vermieter können Sie Ihren Wohnraum-Mietern grundsätzlich nicht “einfach so” kündigen. Denn Mieter haben (nach der obergerichtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs) aufgrund der sozialen Bedeutung der Wohnung als Lebensmittelpunkt ein Besitzrecht an der Wohnung, das mit Ihrem Eigentumsrecht als Vermieter abzuwägen ist. Deshalb setzt eine vermieterseitige Kündigung voraus, dass ein so genanntes “berechtigtes Interesse” an der Beendigung des Mietverhältnisses besteht (§ 573 Absatz 1 Satz 1 BGB).
Die Kündigung wegen Eigenbedarfs ist ein Bespiel für ein solches berechtigtes Interesse und setzt voraus, dass die Vermieter die Wohnung für

  • sich selbst,
  • nahe Familienangehörige
  • oder für Angehörige des eigenen Haushalts

tatsächlich benötigen (§ 573 Absatz 2 Nr. 2 BGB).

Es gibt viele Gründe für eine Eigenbedarfskündigung: Etwa dann, wenn Sie selbst vielleicht wegen Familienzuwachs mehr Wohnraum benötigen – oder neuen Wohnraum für erwachsene Kinder. Oder die eigenen Eltern benötigen künftig ebenerdige Flächen, die Sie bis dato vermietet hatten. Solche Fälle fallen unter das Dach “Eigenbedarf”. Und dieser muss auch nach der Kündigung und dem Einzug Bestand haben, sonst müssen Sie Ihre gekündigten Mieter darüber in Kenntnis setzen.

Für diese Personen dürfen Sie konkret kündigen

Die Eigenbedarfskündigung setzt voraus, dass Sie Ihre vermietete Wohnung für einen begrenzten Personenkreis, dem so genannten berechtigten Personenkreis, benötigen. Der Entschluss von Vermietern, ihre Immobilie selbst zu nutzten oder durch diesen eng gezogenen Personenkreis nutzen zu lassen, ist grundsätzlich zu akzeptieren.

Wer zum berechtigten Personenkreis gehört, ergibt sich aus dem Gesetz nur rudimentär (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, nämlich „der Vermieter und Familienangehörige oder Angehörige seines Haushalts“). Ein bestimmter Verwandtschaftsgrad kann für den Eigenbedarf also nicht gefordert werden. Familienangehörige müssen dafür auch nicht in Ihrem Haushalt leben. Bei engen verwandtschaftlichen Beziehungen genügt jedoch bereits diese allein, beispielsweise

  • Geschwister
  • leibliche Neffen und Nichten
  • Schwager,
  • Eltern
  • Kinder und Stiefkinder
  • getrenntlebende Ehegatten,ohne dass es weiterer Nachweise bedarf.

Bei anderen Familienangehörigen ist jedoch ergänzend noch eine enge persönliche und soziale Bindung zu den Vermietern erforderlich. So ist das zum Beispiel bei

  • Cousins/Cousinen
  • Großneffen und Großnichten
  • Stiefenkeln

Hier ist ein Nachweis über die besondere persönliche und soziale Bindung notwendig. Ob dies der Fall ist, würde aber ggf. im Einzelfall geprüft werden.
Haushaltsangehörige, für die ebenfalls eine Eigenbedarfskündigung gerechtfertigt sein kann, sind Personen, die Sie auch bisher schon dauerhaft in Ihren Haushalt aufgenommen haben, z.B. Lebensgefährten oder deren Kinder oder Hausangestellte.

Welche konkreten Gründe rechtfertigen die Kündigung?

Ihre Eigenbedarfskündigung ist nur dann rechtens, wenn die ausgewählte Wohnung tatsächlich benötigt wird und der Wunsch dort zu wohnen, auch von ernsthaften Gründen getragen ist. Beispiele:

  • der Bedarf nach einem Homeoffice-Arbeitsplatz in einer hierzu besser geeigneten Wohnung,
  • ein näherer Weg zur Arbeitsstelle,
  • Platz für Hilfspersonen im Alter,
  • Unterbringung von Kindern in getrennten Zimmern,
  • Ruhestand oder Getrenntleben,
  • die Absicht, mit einem Partner zusammenzuziehen,
  • die Absicht, einen eigenen Hausstand zu gründen,
  • u.v.m.

Entsprechendes gilt auch für Ihre Familienangehörigen oder Haushaltsangehörigen, für welche Sie Ihren Mietern kündigen.

Übrigens: Vermieten Sie mehrere Wohnungen, steht es Ihnen übrigens frei, auszusuchen, welchen Mieter Sie kündigen. Voraussetzung ist allerdings, dass die ausgewählte Wohnung Ihren Nutzungswunsch auch erfüllen kann.

Formelle Anforderungen

Sind alle oben genannten Punkte abgedeckt, unterliegt die Eigenbedarfskündigung zusätzlich noch einigen formellen Anforderungen, die Sie unbedingt beachten sollten. Wichtig ist insbesondere, dass das Kündigungsschreiben gemäß § 573 Abs. 3 BGB neben der Kündigungserklärung auch Angaben über die Kündigungsgründe enthalten muss. Dazu gehört die Angabe der Personen, für welche die Wohnung benötigt wird, und das Interesse, das diese Personen an der Wohnung haben. So können Ihre Mieter den Sachverhalt prüfen und sich ggf. Auch gegen die Kündigung wehren. Diese Erklärung ist Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung.

Wie Mieter sich wehren können

Hinzu kommt, dass die Kündigung gemäß § 568 Abs. 2 BGB die Mieter auch auf die Möglichkeit, die Form und die Frist eines Widerspruchs gegen die Kündigung nach den §§ 574 bis 574 b BGB hinweisen soll. Die Mieter könnten im Falle des Widerspruchs gegen die Kündigung zum Beispiel einwenden, dass die Beendigung des Mietverhältnisses für sie eine besondere Härte bedeuten würde. Eine Chance dazu haben sie etwa bei hohem Alter, Schwangerschaft, unzumutbarem Schulwechsel der Kinder oder Schwierigkeiten, angemessenen Ersatz-Wohnraum zu finden.

Dennoch, festzuhalten ist: Ihr Entschluss, die eigene Wohnung wegen Eigenbedarfs zu nutzen, ist grundsätzlich zu akzeptieren ist – das müssen auch Gerichte bei einem Rechtsstreit für die Entscheidungsfindung zugrunde legen.

So schließt zum Beispiel selbst Suizidgefahr eines Mieters den Eigenbedarf zumindest nicht auf Dauer aus.

Achten Sie stets auf Belege

Um beweisen zu können, dass die Kündigung fristgerecht bei ihren Mietern eingegangen ist, sollten Sie diese am besten per Einschreiben versenden oder durch einen Boten zustellen lassen.

Bei einer Eigenbedarfskündigung ist die Kündigungsfrist davon abhängig, wie lange das Mietverhältnis bestanden hat. Gemäß § 573 c BGB beträgt sie bei einem Mietverhältnis bis fünf Jahre Dauer drei Monate, bei einer Dauer von fünf bis acht Jahren sechs Monate und bei einer Dauer ab acht Jahre neun Monate.

Sonderfall Einliegerwohnung

Auf eine besondere Vorschrift wollen wir noch hinweisen, und zwar auf den § 573 a BGB. Diese Vorschrift betrifft Einliegerwohnungen. Das sind Wohnungen in einem von Ihnen selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen oder Wohnraum innerhalb der von Ihnen selbst bewohnten Wohnung. Hier gilt nämlich, dass Vermieter einer solchen Wohnung ein Sonderkündigungsrecht haben, ohne dass dafür Eigenbedarf bestehen oder nachgewiesen werden muss. Sie können dann ohne Angaben von Gründen kündigen. In der Kündigungserklärung muss lediglich angegeben werden, dass die Kündigung auf das Vorliegen einer Einliegerwohnung gestützt wird.

Grundsätzlich vermeiden Sie einen Rechtsstreit oder andere teure Probleme bestmöglich, indem Sie schon bei der Verfassung einer solchen Kündigung fachlichen Rat einholen.

Bei Fragen rund um das Thema Immobilienrecht stehen Ihnen Michael Thomas von der Kanzlei Kroheck Kroheck Thomas sowie die Experten der Grundstücksbörse Ruhr/Immopro.meo gerne zur Verfügung!